Oft betreuen VerkäuferInnen einen Kunden über einen längeren Zeitraum und die Umsätze „plätschern“ auf niedrigem Niveau dahin. Plötzlich wird ein sehr großes Projekt angefragt. Diese Anfrage führt dann dazu, dass sich der Key Account Manager, die Key Account Managerin entschließt, den Kunden als Key Account zu definieren und viel Arbeit zu investieren. Konkrete Projekte wirken sich also intern in der Firma aus. Diese Handlungsweise ist sehr ereignisgetrieben.
Trotzdem wird jeder Verkäufer, jede Verkäuferin nachvollziehen können, dass die Versuchung groß ist.
Jedenfalls sollten Sie sich die Frage nach der Basis für den Kundennutzen stellen und die Sinnhaftigkeit eines Projektgewinns prüfen.
Basis für den Kundennutzen
- Interesse des Kunden – Es macht einen Unterschied ob der Kunde sagt: „Na gut, dann stellen Sie halt ein Angebot“ oder sich mit hohem Engagement darum bemüht von Ihnen ein qualitativ hochwertiges Angebot zu erhalten.
- Grad der Mitarbeit des Kunden an der Erarbeitung des Nutzens – Investiert Ihr Kunde Zeit für ein umfangreiches Angebot. Klären Sie in einem gemeinsamen Meeting Detailfragen. Reagiert Ihr Kunde auf eine erste Version des Angebots rasch mit Feedback oder lässt er es erst einmal gut „abliegen“?
- Wie businessrelevant ist der Kundennutzen? – Immer seltener kann, speziell bei umfangreicheren Projekten, eine einzige Person die Kaufentscheidung treffen. Daher wird es immer wichtiger einen Nutzen aufzuzeigen, der für die gegenwärtige Kundensituation auch wirklich relevant ist. Nur so kann Ihr Ansprechpartner die Investition intern auch gut argumentieren. „Kostenersparnis“ scheint z.B. jedenfalls erstrebenswert – wenn der Kunde jedoch gerade große Probleme mit den internen Abläufen und den damit verbundenen Informationsflüssen hat, wird ihn die Kostenersparnis vielleicht derzeit weniger interessieren als mögliche Prozessverbesserungen, die Ihre Lösung bietet. Sie erkennen: Was heute ein relevanter Nutzen ist, kann schon morgen von geringerer Bedeutung sein.
- Wie einfach ist der Kundennutzen messbar? – Eine Kostenersparnis von 10% können Sie dann leicht argumentieren, wenn Sie nachweisen, dass durch den Einsatz Ihrer neuen Schnittoptimierungssoftware zukünftig weniger Holz für die Produktion, der von Ihnen produzierten Möbel benötigt wird. Viel schwieriger nachzuweisen ist eine solche Einsparung, durch die „Verbesserung der internen Prozesse rund um das Produktion“. Daher sollten Sie besonders danach trachten Nutzen aufzuzeigen bei denen die Messbarkeit möglich und nachvollziehbar ist.
Sinnhaftigkeit des Projektgewinns
- Ist das Geschäft profitabel? – Diese Frage ist beim Verkauf von 3 PCs mit Lieferung frei Haus einfach zu beantworten. Wenn Sie aber die komplette Ausstattung eines neuen Bürogebäudes kalkulieren und dabei alle Leistungen miteinbeziehen müssen, wird Ihre Kalkulation schon sehr viel komplexer. Hier werden oftmals Beratungsleistungen, Teststellungen, Aufwände für Sonderausstattungen, usw. nicht kalkuliert. Umso größer der zu erwartende Umsatz desto eher wird auf solche Kostenpositionen „vergessen“. Ein durchaus menschlicher Reflex – wer möchte nicht auch riesige Umsätze generieren? Aber selbst wenn Sie als Verkäufer vielleicht nicht für den Deckungsbeitrag des Gesamtprojekts verantwortlich sind, werden Sie rasch merken, dass – sollte sich das Projekt „nicht rechnen“ – Sie intern immer öfter vor verschlossenen Türen stehen und nicht die „Premiumunterstützung“ für den Kunden erhalten, die Sie gerne hätten. Das ist durchaus verständlich – der Kunde zahlt ja auch keine „Premiumpreise“. Deshalb rechnen Sie im Vorfeld eines Projekts scharf und überlegen Sie, ob es lohnt, auf scheinbar versteckte Kosten zu „vergessen“.
- Wie kompetent ist der Kunde? (unrealistische Vorstellungen) – Kunden, die über große Erfahrung mit dem Produkt- oder Dienstleistungssegement verfügen, das Ihr Unternehmen anbietet, können teilweise „lästig“ erscheinen. Solche Kunden hinterfragen Lösungen oftmals bis ins kleinste Detail. Das resultiert aus ihrer umfangreichen Kenntnis über mögliche auftretende Probleme. Aber solche Kunden haben auch den Vorteil, dass Sie keine unrealistischen Forderungen stellen. Sie kennen die Grenzen des Machbaren und innerhalb dieser Grenzen werden sie maximale Leistung fordern – das ist OK.
- Repeat Business Potential – Wenn Sie bei einem Kunden erstmals eine Technologie einsetzen, mit der Sie selbst noch keine Erfahrungen haben, ist es meist nicht möglich den eigenen Lernaufwand dem Kunden in Rechnung zu stellen. So kann es sein, dass ein solches Geschäft vielleicht mehr Kosten als Umsatz verursacht. Vielleicht ist das Geschäft trotzdem attraktiv – nämlich dann, wenn absehbar ist, dass ähnliche Projekte auch für andere Kunden interessant sind und Sie so die Kosten des Lernaufwands auf „mehrere Projekte verteilen“ können.
Wettbewerbsfähigkeit
- Wie gut passt unser Angebot zu den Bedürfnissen des Kunden? – Erfahrene Verkäufer und Verkäuferinnen können sehr rasch einschätzen, ob ihr Angebot nur scheinbar oder tatsächlich auf die Bedürfnisse des Kunden passt. Können die erwarteten Prozessvorteile tatsächlich umgesetzt werden? Ist die versprochene Qualitätsverbesserung realistisch? Können Sie den Kunden international wirklich optimal betreuen? usw.
- Kundenhistorie – Es macht einen Unterschied, ob alle bisherigen Geschäfte mit Ihrem Kunden gut gelaufen sind und Sie beim vorjährigen Wettbewerb zum „zuverlässigsten Lieferanten“ gewählt wurden oder, ob Ihr letztes gemeinsames Projekt damit geendet hat, dass der Kunde bei Ihrem Mitbewerber gekauft hat und Ihr Geschäftsführer die emotionalen Wogen glätten musste.
- Philosophische Übereinstimmung – Ein Kunde der meint: „Für uns ist das Billigste gerade gut genug“ wird zu Ihrem Angebot anders stehen als eine Firma, die die Kernkompetenz des Lieferanten als wesentlichen, strategisch wichtigen Prozess erkannt hat. Eine Firma, die als ihre eigene Strategie „maximale Standardisierung“ formuliert, wird an Ihrem Angebot andere Aspekte hinterfragen als ein Kunde der seinen Kunden „Spitzenleistung durch individualisierte Produkte“ verspricht. Für einen einmaligen geringfügigen Verkauf mag die philosophische (Nicht-)übereinstimmung keinen Unterschied machen, für die langfristige, enge Zusammenarbeit ist sie jedoch ein wesentlicher Faktor.
Intercompany Verbindungen
- Managementunterstützung – Der Geschäftsführer Ihres Kunden ist Ihr Schwager. Sie spielen mit dem finanziellen Vorstand Ihres Kundenunternehmens Golf. Ihren letzten Urlaub haben Sie gemeinsam mit dem IT-Leiter Ihres Kunden verbracht… gut. Wenn nicht – ist das zwar nicht toll, aber noch lange kein wirkliches Problem. Zum Problem wird es erst, wenn Ihr größter Mitbewerber solchen Managementzugang hat … und Sie nicht.
- Einfluss auf den Entscheidungsprozess (Established Momentum) – Verkäufer und Verkäuferinnen mit wirklich gutem Managementzugang haben sogar Einfluss auf den Entscheidungsprozess des Kunden. Sie können z.B. eine Produktentscheidung um zwei Monate verzögern, weil Sie dann die neueste Technologie verfügbar haben und damit einen wirklichen Wettbewerbsvorteil aufzeigen können. Oder aber können Sie eine Kaufentscheidung beschleunigen, weil der Mitbewerb in drei Monaten eine revolutionäre, neue Maschine auf den Markt bringt … und so lange wollen Sie ja wohl nicht warten.
- Firmenpolitischer Einfluss – Selbst wenn Sie als Verkäufer keinen Managementzugang haben, ist es durchaus möglich, dass es firmenpolitische Verbindungen gibt, die Sie nutzen können. Vielleicht ist Ihre Firma auch Kunde bei Ihrem Kunden. Wo bestellen Sie Ihre Möbel, Ihre Firmenautos, Ihr Büromaterial, Ihre Telekomleistungen … überall dort haben Sie firmenpolitischen Einfluss, den Sie geltend machen kann.
Analyse der Geschäftsprozesse des Key Accounts
Maßnahmenplanung über die Zeitachse