Fragen sind das wichtigste Werkzeug eines Verkäufers, einer Verkäuferin. Oft wird ein Produkt oder eine Dienstleistung angepriesen, weil der Verkaufende sehr überzeugt von dessen Vorteilen ist. Es ist jedoch wenig zielführend ein bestimmtes Produkt oder eine spezielle Dienstleistung anzupreisen, ohne im Vorfeld die Wünsche des Kunden eruiert zu haben. Zu Beginn sozusagen das kleine Einmaleins der Fragen.
Offene Fragen
Wenn Sie wirklich wissen wollen, was Ihr Gegenüber denkt, welche Anforderungen er oder sie an ein Produkt stellt oder was besonders wichtig ist, kommen Sie um die „offene Frage“ nicht umhin. Sie geben Ihrem Gesprächspartner die Möglichkeit sich zu „öffnen“.
Mit Fragen wie z.B.:
- Was ist Ihnen wichtig?
- Welche Möglichkeit bevorzugen Sie?
- Wo wollen Sie das Gerät einsetzen?
- Wann genau brauchen Sie die Ware im Haus?
- Wie soll die Lieferung abgewickelt werden?
bekommen Sie die meisten Informationen.
Bei offenen Fragen bekommt der Befragte keine möglichen Antworten vorgegeben und muss frei formulieren. Sie können den Unterschied zu anderen Fragen leicht erkennen. Fragen Sie den Kunden z.B. beim Kauf eines Fahrrads:
- Wollen Sie lieber eine 12-Gang Schaltung der Firma ABC oder eine 18-Gang Schaltung der Firma XYZ?
Hier setzen Sie eine Vielzahl von Dingen voraus: Dass der Kunde die unterschiedlichen Firmen und deren Produkte kennt.
Dass er über die jeweiligen Vorteile der Produkte informiert ist und dass der Kunde sich dafür interessiert, welche Schaltung das Rad hat.
Vielleicht interessiert er sich aber überhaupt nicht für die Schaltung sondern nur für einen weichen Sattel oder eine bestimmte Lenkerform oder oder oder …
All das werden Sie eher mit folgenden Fragen in Erfahrung bringen:
- Worauf achten Sie bei einem neuen Fahrrad besonders?
- Was ist Ihnen bei Ihrem neuen Fahrad besonders wichtig?
Natürlich erkennen Sie den Unterschied. Hier haben Sie nichts vorausgesetzt und lassen sich auf den Kunden ein. Das ist die beste Basis dafür, dass Sie dem Kunden im weiteren Verlauf des Verkaufsgesprächs auch das „richtige“ Produkt anbieten können.
Genau deshalb sind die offenen Fragen besonders gut für die » Bedarfsanalysephase geeignet. Hier legen Sie das Fundament für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch.
Abschließend möchte ich Sie noch auf eine Besonderheit der W-Fragen hinweisen. Nicht alle W-Fragen sind für den Verkauf geeignet.
Vermeiden Sie Fragen mit warum und weshalb.
„Warum“ ist in unserem Unterbewusstsein eher negativ besetzt – diese Frage bringt den Gefragten in eine Art „Verhörsituation“.
Verkaufsprofis wissen, dass eine positive Stimmung im Verkaufsgespräch nützt. Daher vermeiden Sie es „schlechte Erinnerungen zu wecken“ und das Wörtchen „warum“.
Alternativfragen
- Möchten Sie das Gerät mit oder ohne Zusatzmodul?
- Benötigen Sie die Maschine sofort oder können Sie eine Woche warten?
- Wollen Sie Ihr Leberkässemmerl gleich essen oder soll ich es Ihnen einpacken?
Die Alternativfragen sind nicht grundsätzlich zu verteufeln, aber jedenfalls mit Vorsicht einzusetzen. Ihr Gegenüber fühlt sich rasch eingeengt und die Beziehungsebene wird nachhaltig gestört.
Hier ist das Timing besonders wichtig:
Den Kunden vor die Entscheidung zu stellen, ob er das rote oder das blaue Auto kaufen möchte, bevor er sich überhaupt für ein Modell entschieden hat, führt wahrscheinlich zu einer Verstimmung. Ist aber bereits alles besprochen, durch eine geschickte Alternativfrage dem Kunden den letzten Schubs Richtung Abschluss zu geben, ist durchaus im Interesse aller Beteiligten.
Zwei Besonderheiten sollten Sie bei Alternativfragen beachten:
Erstens:
Wenn Sie den Kunden schon vor die Alternative stellen aus zwei Möglichkeiten zu wählen, sollten beide Möglichkeiten positiv für Sie sein.
Fragen wie die nachfolgenden sollten Sie nach Möglichkeit weitgehend vermeiden:
- Wollen Sie jetzt gleich kaufen oder es sich noch in Ruhe überlegen?
- Wollen Sie sich für das aktuelle Modell entscheiden oder auf die neue Version warten?
Zweitens:
Wenn Sie eine Alternativfrage stellen, wird öfter die „letztgenannte“ Variante als die „erstgenannte“ ausgewählt. (Manche Schätzungen gehen sogar davon aus, dass sich 70% für die zweite Variante entscheiden.)
Daher nennen Sie die Variante, die Sie selbst präferieren, als letzte.
Geschlossene Fragen
Hier gibt es überhaupt nur zwei mögliche Antworten: Ja oder nein.
Beispiele sind:
- Haben Sie schon ein Gegenoffert?
- Wollen Sie bei Ihrem neuen Auto einen stärkeren Motor? – oder der Klassiker –
- Brauchen Sie ein Nylonsackerl?
Wie auch immer die Antwort lautet – der Grund für die Zustimmung oder Ablehnung bleibt dabei fast immer im Verborgenen.
Der Informationsgehalt einer Antwort auf eine geschlossene Antwort ist denkbar armselig.
Wo werden Sie mehr erfahren – bei der Frage
- Warst Du im Urlaub in Italien? oder wenn Sie fragen
- Wie war Dein Urlaub?
Lange Zeit wurde die geschlossene Frage als Möglichkeit gesehen, den Kunden auf einem vorgegebenen Pfad zu einer Kaufentscheidung zu führen. Es gab das Konzept der so genannten „Ja-Straße“.
Die Idee dahinter war, dass der Kunde, wenn er 4 Mal mit „Ja“ geantwortet hat, auch bei der fünften und wichtigsten Frage „Ja“ sagt.
„Wollen Sie reich werden? “ – „Ja!“„Wollen Sie gesund bleiben? “– „Ja!“„Ist Ihnen wichtig, dass Ihre Familie auch reich und gesund ist? “ – „Ja!“„Wenn ich Ihnen sage, dass Ihnen unser neues Produkt zu ewiger Gesundheit und unverschämten Reichtum verhilft – würden Sie es kaufen wollen? “ – „Ja!“„Wollen Sie unser Produkt kaufen? “ – „Ja! Ja! Ja!“Bitte unterschreiben Sie hier rechts unten auf der gestrichelten Linie.
Natürlich habe ich ein wenig übertrieben, aber so ähnliche Ideen wurden lange Zeit als Erfolgsrezepte im Verkauf angepriesen.
Sie sehen sofort, dass die „Ja-Straße“ eine sehr schmale Straße ist. Es wird versucht, den Kunden in seinen Entscheidungen stark einzuschränken. Das lässt sich heutzutage niemand mehr gefallen.
Bei der geschlossenen Frage gilt ähnliches wie bei der Alternativfrage. Mit Augenmaß eingesetzt ist sie ein geeignetes Mittel, um in der Abschlussphase eine Entscheidung herbeizuführen – auch hier ist das richtige Timing von großer Wichtigkeit.
Vermeiden Sie, dass der Kunde sich von Ihren Fragen eingeengt fühlt und stellen Sie eine geschlossene Frage nur, wenn Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein „ja“ erwarten können. Ein „nein“ ist in keiner Phase des Verkaufsgesprächs wirklich von Vorteil.
Früher wurden nur die sogenannten Entscheidungsfragen, die mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, als geschlossene Fragen bezeichnet.
Heute wird der Begriff, wie bereits weiter oben erwähnt, weiter gefasst. So spricht man auch von geschlossenen W-Fragen.
Darunter sind W-Fragen mit sehr engem Antworthorizot zu verstehen. Die Frage „Wie heißt Du?“ ist zwar eine W-Frage, die Antwortmöglichkeiten sind aber äußerst begrenzt.
Eine etwas umfangreichere Form der geschlossenen Frage ist die so genannte » Paraphrasierung. Hier versucht der Verkäufer, die Verkäuferin aus der Botschaft des Kunden den emotionalen Anteil herauszufiltern und die Sachinformation aufzugreifen.
- „Habe ich Sie richtig verstanden, dass für Sie im Moment das Thema Neukundenakquisition höchste Priorität hat und Sie daher ausschließlich an Workshops zur Neukundengewinnung interessiert sind?“
Die Formulierung muss so gewählt sein, dass der Inhalt nicht verfälscht wird und der Gesprächspartner nicht das Gefühl hat, dass der Verkäufer sich über ihn lustig macht. Dieser Eindruck kann leicht entstehen, wenn die Wortwahl nicht mittels synonymer Begriffe erfolgt sondern einfach das Gesagte wiederholt wird. Verkäufer, Verkäuferinnen, denen die » Paraphrasierung Stress verursacht, sollten davon absehen dieses Kommunikationswerkzeug einzusetzen, da ein erhebliches Maß an Eloquenz, ein großer, aktiver Wortschatz und viel emotionale Intelligenz notwendig sind, um geschmeidig agieren zu können.
Rückkopplungsfragen
Mit diesen Fragen stellen Sie sich in die Schuhe des Anderen. Sie signalisieren damit Interesse und Konzentration auf Ihr Gegenüber.
Beispiele sind hier:
- Wenn ich Sie richtig verstehe, möchten Sie schon morgen mit Ihrem neuen Auto fahren?
- Sie sagten, dass Ihrer Erfahrung nach Holzmöbel wohnlicher wirken?Ihre Meinung ist also, dass ein Fliesenboden nur in Kombination mit einer Fußbodenheizung sinnvoll ist?
Diese Frage bietet sich besonders am Ende der » Bedarfsanalyse an. Hier fassen Sie nochmals die Antworten des Kunden zusammen und geben ihm die Möglichkeit der Präzisierung oder Richtigstellung, bevor Sie in die » Präsentationsphase übergehen.
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, suchen Sie ein Auto, das einerseits sportlich ist, andererseits einen großen Kofferraum hat und zusätzlich ein modernes Sicherheitskonzept anbietet.“
„Genau … aber das Wichtigste ist wirklich der Kofferraum!“
Sie hören … Sie bekommen nochmals ein Feintuning der Wünsche des Kunden.
Das sind genau die feinen Unterschiede, die es Ihnen in der » Präsentationsphase ermöglichen die richtigen Argumente auszuwählen.
Taktische Fragen
Als wichtige Vertreter der taktischen Fragen gelten die
- Suggestivfragen,
- rhetorischen Fragen,
- Gegenfragen,
- Kontrollfragen,
- „Wenn-überhaupt“-Fragen.
Wieso ist Ihr Callcenter so schlecht organisiert?
Wieso kann man bei euch nie was rechtzeitig bekommen?
Was wollen Sie auf eine solche „Frage“ antworten. Hier hilft nur eine Gegenfrage, um den versteckten Vorwurf ans Licht zu zerren, ihn zu präzisieren und in eine handhabbare zu Form bringen. Womit genau haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht? … Na ja, das letzte Mal, als ich angerufen habe, ist folgendes passiert …
Damit können Sie jetzt arbeiten.
Häufig werden auch Suggestivfragen eingesetzt. Eine Suggestiv-frage ist eigentlich keine Frage sondern eher eine Feststellung im Fragegewand.Sind Sie nicht auch der Meinung, dass ein Kamin behagliche-re Wärme gibt als eine Elektroheizung?Sie wissen doch sicher, dass unser Produkt günstiger ist als alle anderen … oder etwa nicht?
Diese Fragen sind sehr manipulativ. Sie sind einzig und alleine darauf ausgerichtet, dem anderen einzureden, dass er doch eine bestimmte Meinung vertreten soll. Damit ernten Sie oft bloß Missmut und bauen sicher kein gutes Verhältnis zum Kunden auf. Daher vermeiden Sie Suggestivfragen!
Was verstehen wir nun unter rhetorischen Fragen. Rhetorische Fragen sind keine Fragen im klassischen Sinn. Auf eine rhetorische Frage wird keine Antwort erwartet. Ziel einer solchen Frage ist es die Aufmerksamkeit Ihres Gegenübers zu aktivieren.
Der Mensch denkt reflexartig über eine Frage nach, wenn er eine gestellt bekommt, auch wenn er erkennt, dass überhaupt keine Antwort erwartet wird.
Beispiele sind: Mit unserem neuen Mörtel sind Ihre Wände nie wieder feucht! Wie glauben Sie, erreichen wir das? Genau, durch ein neues Mischverhältnis, das wie folgt aussieht. Oder: Wer kennt nicht unseren exzellenten Kundenservice? 7×24 Stunden stehen Ihnen 70 Mitarbeiter zur Verfügung. Hier gilt die Regel, lassen Sie die rhetorische Frage wirken. Nachdem Sie die Frage gestellt haben, schweigen Sie für 1-2 Sekunden. Plaudern Sie gleich ohne Pause weiter, verliert die rhetorische Frage ihre Wirkung.
Sinn einer Kontrollfrage ist es, festzustellen, ob Sie sich mit Ihrer Argumentation auf dem richtigen Weg befinden.
Gerade wenn Sie von der Bedarfsanalyse in die Präsentationsphase übergehen, ist es wichtig, sich davon zu überzeugen, dass Sie die richtigen Argumente aufzählen. Die Argumente, die wirklich relevant für den Kunden sind.
Wenn Sie z.B. beginnen wollen über die bequeme Handhabung eines Elektroherdes zu erzählen, bietet sich an, folgende Frage zu stellen bevor Sie loslegen. Wie wichtig ist Ihnen die bequeme Handhabung des Gerätes?
So sind Sie sicher, dass das, was Sie dem Kunden erzählen, für diesen auch von Interesse ist.
Sinnvoll ist es auch, Kontrollfragen als offene Fragen zu formulieren.
Bei der Frage „Ist für Sie diese Zusatzausstattung wichtig?“, können Sie durchaus auch ein „nein“ als Antwort bekommen, was Ihnen bei „Wie wichtig ist für Sie diese Zusatzausstattung?“, nicht passieren kann.
Wenn Sie im Laufe eines Verkaufsgespräches hin und wieder eine Kontrollfrage stellen, haben Sie so eine Menge kleiner Wegweiser zum Abschluss.
Die Wenn-Überhaupt-Frage ist dann besonders wirkungsvoll, wenn Sie nicht mehr weiterwissen.
Manchmal passiert es, dass Sie dem Kunden mehrere Produkte zur Auswahl angeboten haben, und keines davon das Richtige ist. Immer gibt es irgendetwas, was den Kunden hindert das Produkt zu kaufen. Meist geschieht das, wenn Sie in der Bedarfsanalyse nicht genug Informationen gesammelt haben.
Anstatt nun noch weitere fünf Produkte aus dem Lager zu holen stellen Sie eine Frage wie z.B. Wenn überhaupt, wie müsste ein Angebot aussehen, das Sie begeistert?
Sie sehen, eigentlich ist das ein Zurückspringen in die Bedarfsanalyse, was durchaus zulässig ist, und allen Beteiligten eine Menge Mühe spart. Aber Achtung – der Ton macht die Musik. Diese Frage kann leicht aufmüpfig oder genervt klingen.
Abschließend noch ein Punkt zum Thema „Fragen“. Welche Fragen Sie auch immer stellen – offene, geschlossene, Alternativfragen oder taktische Fragen – wichtig ist es, nach der Frage dem Gegenüber die Zeit zu geben auch eine Antwort zu formulieren.
Nichts ist nerviger als eine Frage gestellt zu bekommen und keiner will die Antwort hören.
Daher fragen Sie und danach schweigen Sie und hören genau hin, was Ihr Kunde antwortet. Wenn es ein geheimes Erfolgsrezept im Verkauf gibt, dann ist es das.